Wartezimmerromantik

Seit kurzem gehe ich parallel zu den Kontrollterminen in Kiel auch in Leipzig zu Untersuchungen und ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll.

Natürlich kann es daran liegen, dass ich mich hier nicht auskenne. Ich warte noch auf den Tag, an dem ich mich auf dem Weg zur Anmeldung nicht verlaufe. Aber auch sonst ist einiges anders.

Beim Blutabnehmen werde ich ganz selbstverständlich gefragt, ob ich Urin dabei hätte. Äh – nur in meiner Blase, der Tee vom Frühstück.

„Tja, dann müssen wir das hier machen.“

Und schon kriege ich wieder einen Urinbecher samt Aufziehspritzen in die Hand. Ich erspare euch weitere Details, aber ohne dass was daneben läuft ist es unmöglich. Schön ist was anderes.

Eigentlich bin ich ja auch wegen etwas ganz anderem da: seit der ersten Transplantation nehme ich Cortison. Normalerweise wird das nach der Op so bald wie möglich abgesetzt, aber immer, wenn ich das versucht habe, hat mein Körper angefangen, die Leber abzustoßen und deswegen nehme ich es bis heute.

Das Problem bei Cortison ist nun, dass es zwar total effizient ist, aber es hat auch total fiese Nebenwirkungen. Da wäre erstens das typische runde Mondgesicht, weil man in den Wangen einlagert.

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Dazu kommen Heißhungerattacken, Gewichtszunahme und nicht zuletzt ein erhöhtes Risiko für Osteoporose.

Wegen letzterem war ich hier. Deswegen wurde ich einmal vom Hals abwärts geröntgt. Aber erst, nachdem ich meinen Termin verpasst hatte, weil ich zu lange im Wartezimmer saß und ich mir dafür einen Rüffel abholen durfte. Entschuldigung, nächstes Mal warte ich einfach schneller.

Danach saß ich wieder im Wartezimmer und die Zeit schlich dahin. Wenn der Handyakku bereits um 9 Uhr halb leer ist, weißt du, es ist einer dieser Tage.

Nach nur 4 Stunden war ich dann doch dran und unterhielt mich darüber, dass es mir gut geht und es nichts Neues gibt. Als mich der wirklich gut aussehende Arzt fragte, was ich denn heute noch für Pläne hätte, freute ich mich und sagte, dass ich den restlichen Tag Zeit hätte.

Er freute sich auch, denn dann könnte ich mich ja wieder ins Wartezimmer setzen, bis meine Blutwerte da sind… Während ich also Stunde 6 im Wartezimmer verbrachte und eine 30 Jahre alte Zeitschrift las, dachte ich daran, dass der dicke Kater zu Hause inzwischen wahrscheinlich den Hungertod stirbt. Oder schläft.

Endlich sind die Werte da und ich gehe nochmal ins Sprechzimmer. Alles immer noch hoch, aber tiefer als beim letzten Mal. Vielleicht würde ja eine erhöhte Dosis Cortison helfen. Den Widerspruch zu der Knochendichtemessung hab ich mal unausgesprochen im Raum stehen lassen. Sie würden sich da allesamt noch mal besprechen und mir Bescheid sagen. Ansonsten kann ich auch erstmal gehen.

Schließlich gibt er mir noch seine Telefonnummer. Für Notfälle.

PS: Der dicke Kater hat meine Tomatenpflanze gefressen.

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Aber mal im Ernst: Könntet ihr ihm lange böse sein?

 


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