Ich bin ja ein Selbstoptimierungs-Opfer. Schreib irgendwo „mehr Produktivität“ drauf und ich kaufe es mit Sicherheit, nur um mich noch gestresster zu fühlen als sowieso schon.
Vor einem Jahr habe ich „Notion“ für mich entdeckt, ein digitales Tool & eine Datenbank für einfach alles. Es ist tatsächlich ziemlich cool und ich lagere da alles ab, was mit meinem Blog, Social Media und so weiter zu tun hat.
Stressen tut es mich dennoch. Das einzige Hilfsmittel, das mich langfristig begleitet, ohne mich unter Druck zu setzen ist mein Bullet Journal. Auch jetzt, wo ich theoretisch alles, was in meinem Leben passiert digital festhalten könnte, ist mir mein analoges Notizbuch das liebste. Wieso?
Sich hinzusetzen und etwas mit der Hand aufzuschreiben entschleunigt und erdet mich. Ich kann relativ schnell (wenn auch nicht fehlerfrei) tippen, aber wenn ich etwas mit der Hand aufschreibe ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass ich auch darüber nachdenke, was ich aufs Papier bringe. Außerdem mache ich so viel weniger Rechtschreibfehler. Mein Bullet Jorunal ist eine Pause von den vielen Bildschirmen, auf die ich jeden Tag schaue und es fühlt sich für mich einfach „echter“ an. Es ist der Ort für meine Gedanken, meine Hobbys, Gesundheit und Reflexion. Alles was ich brauche, kann ich dort ablegen, weil ich entscheide, was ich aus dem leeren Notizbuch mache.
Der Erfinder des Bullet Journaling, Ryder Carroll, beschreibt sein System so:
„Ihr Bullet Journal kann To-do-Liste, Tagebuch, Planer, Skizzenbuch oder alles zugleich sein. Diese Flexibilität rührt aus seinem modularen Aufbau. Um das System zu fassen, denkt man am besten einfach an Legosteine. Jeder Teil des BuJo-Systems besitzt eine bestimmte Funktion, sei es das Strukturieren Ihres Tages, das Planen eines Monats oder das Anpacken eines Ziels. Die Bausteine können Sie frei zusammenstellen, um das System an Ihre persönlichen Bedürfnisse anzupassen. Da diese Ziele sich im Laufe der Zeitunweigerlich verändern werden, bleibt das System dank seiner Flexibilität über die unterschiedlichen Lebensphasen hinweg relevant. Während Sie sich weiterentwickeln, werden es Ihnen Funktion und Struktur Ihres Bullet Journals gleichtun.“
Mein BuJo hat schon einige Veränderungen hinter sich. War es am Anfang ausgeschmückt wie die vielen Bilder andere BuJos, die ich im Internet sah, wurde es mit der Zeit immer schlanker und funktionaler, weil ich merkte, was ich mir von meinem BuJo wünschte und brauchte.
Ich benutze für mein BuJo ein Leuchtturm A5 Hardcover Dotted (pers. Empfehlung, unbezahlt, umbeauftragt)
Inzwischen ist es nach folgendem Schema aufgebaut (kurze Anmerkung: mein BuJo von diesem Jahr gibt es noch nicht, also steht da überall 2021 drauf, nicht wundern):
- Jahresübersicht (privat)

In diese Übersicht kommen z.B. Geburtstage, Feiertage, Jahrestage, wichtige Termine etc. Auf diese Weise weiß ich auf einen Blick, wann
Jahresübersicht (Arbeit)

Hier trage ich ein, wann ich arbeite, wann ich Urlaub habe, so dass ich den Übersicht behalte, wenn ich z.B. zusätzlich arbeiten muss, wann ich krank war und nicht arbeiten konnte. Das mache ich, indem ich die Tage, an denen ich arbeite durchkreuze und den Urlaub einkreise.
Monatsdeckblatt

Hier musste ich einfach den Februar nehmen, er ist so perfekt aufgegangen, dass mein Organisations-liebendes Gehirn sehr glücklich war. Das ist die Seite, die lange Zeit sehr verschnörkelt war, ausgeschmückt und aufgehübscht, aber ehrlich gesagt: Dafür habe ich keine Zeit und auch nicht immer Lust.
Ich mag das minimalistisch Design ganz gerne und vielleicht hab ich ja auch irgendwann wieder Lust, mehr Zeit zu investieren.

To-Do Monatsliste

Ab dieser Seite kommen auch die „Bullet Points“ dazu: Sie sagen aus, in welchem Stadium sich eine Aufgabe befindet.
- To Do: ein Punkt, der sich ganz leicht in alle anderen Symbole verwandeln lässt.
X = erledigt: Das sehr schöne Gefühl, eine Aufgabe geschafft u haben und ankreuzen zu können.
> = verschoben: Bei diesem Beispiel konnte ich meine Impftermine nicht machen, da mein Impftermin in letzter Minute geplatzt ist und ich warten musste, bis ich einen neuen machen kann.
Bullet Points, die erst später vorkommen, ich aber der Vollständigkeit halber hier schon erwähnen will:
o = Termin: Um Aufgaben von Terminen unterscheiden zu können, gibt es bei Terminen statt eines Punktes einen Kreis
— = Notiz: Wie diese aussieht kann ganz unterschiedlich sein: Etwas, an das ich mich erinnern möchte, eine Ergänzung zu einer Aufgabe oder ein Gedanke, den ich festhalten will.
Habit Tracker

Hier stehen all die Dinge, die ich regelmäßig(er) machen möchte, bzw. nicht vergessen darf. In der ersten Reihe steht immer, dass ich meine Medis pünktlich nehme. Der Rest variiert. In diesem Jahr möchte ich mich z.B. öfter hinsetzen und lesen, schreiben und nähen. Ich unterscheide dabei auch zwischen einem Strich und einem Kreuz. Ein Strich heißt z.B. Morgen-Media genommen, ein Kreuz, Abend-Medis auch genommen. In der letzten Spalte schreibe ich immer noch mit einem kleinen Smiley auf, wie meine Laune an diesem Tag war. So kann ich Muster erkennen und durchbrechen, indem ich z.B. etwas anders mache oder ich sehe in den einzelnen Tagen nach ob etwas Besonderes passiert ist, was die Laune ausgelöst hat.
Bucket List

Eigentlich noch wichtiger als die To-Do-List: Hier schreibe ich alles auf, was ich machen möchte. Für mich und meine mentale Gesundheit ist es wichtig, dass ich mir diese Sachen vornehme und dann auch stolz darauf sein kann, dass ich sie gemacht habe. Sonst schiebe ich sie immer für vermeintlich wichtigere Dinge auf und werde irgendwann sehr frustriert. Dabei sollte der Ausgleich zur Arbeit immer mindestens genauso wichtig sein. Leider geht das in der Gesellschaft oft zu kurz, dabei ist auch ein Hobby eine Form von Produktivität und steigert sogar unsere Leistungsfähigkeit.
Health Tracker

Hier schreibe ich jeden Tag auf, wie gut ich mich auf einer Skala von 1-10 fühle und ob ich an diesem Tag Schmerzen hatte. Der kleine Punkt neben der Tageszahl steht für Schmerzmittel, die ich an dem Tag nehmen musste. Es mag sich unnötig anhören, aber mir ist dadurch vieles klar geworden: Wie oft ich Migräne habe und wie oft ich dagegen Schmerzmittel nehme, dass meine Milz immer für einige Tage in Folge weh tut und ich dann aber auch eine lange Ruhepause davon habe und dass mein Stresslevel meine Gesundheit sehr stark belastet, da ich sofort Fieber bekomme, wenn ich mich nicht genug ausruhe. Seitdem ich das weiß, kann ich das machen, was mir gut tut und meine Gesundheit langfristig aufrechterhält: früh ins Bett gehen, auch wenn es uncool ist, mich genug bewegen, ohne mich dabei zu stressen und eine Blaulichtfilterbrille kaufen, weil meine Migräne mich mich fertig macht (hat wirklich geholfen, hätte ich auch nicht gedacht).
Auf die andere Seite kommen noch zusätzliche Notizen: Arzttermine, Blutwerte, Weitere Informationen zu einem Tag, die nicht alle hingepasst haben, all solche lustigen Sachen.
Spending Log

Hier liste ich meine Ausgaben und Einkünfte auf. Auch hier lassen sich Muster beobachten: Vor Corona habe ich jeden Tag Geld ausgegeben für eine Brezel unterwegs oder die Bahn, oder, oder, oder. Das hat sich schlagartig geändert und ich bin nicht unbedingt böse darum. Dort, wo jetzt nur Bleistiftkreuze sind, schreibe ich auf, wofür ich mein Geld ausgegeben habe, das behalte ich aber lieber für mich. So kann ich sehen, ob ich viel Krimskrams kaufe oder große, wichtige Anschaffungen machen musste.
Auf der anderen Seite, die ich hier auch nicht zeige, steht mein Kontostand und wie er sich zum Vormonat verändert hat, eventuelle Sparziele etc.
Wochenübersicht

Jetzt gehts aber endlich los mit dem Kalenderteil: Die Wochenübersicht. Direkt unter der Wochenzahl stehen Notizen und die kleinen To-Dos, die in dieser Woche anfallen. Dort kommen auch manchmal die To-Dos der Liste von weiter vorn rein, wenn feststeht, dass sie in diesem Zeitraum zu erledigen sind.
Unter einem Tag kommt ganz oben z.B. Geburtstage oder Jahrestage, Feiertage etc. Die bekommen von mir kein Zeichen, sie existieren einfach so. Darunter kommen wieder Termine, Aufgaben und Notizen. Wenn ich mir Dinge von dem Tag merken möchte wir z.B. dass ich am Mittwoch einen depressiven Schub hatte und deswegen Yoga gemacht habe.
Ganz unten kommt mit einem Herz versehen, das Beste, was an dem Tag passiert ist, z.B., dass ich mit einem lieben Menschen telefoniert habe. Diese kleinen Highlights aufzuschreiben ist eine schöne Übung, um den Tag abends noch einmal Revue passieren zu lassen und auch am schlimmsten Tag etwas zu finden, wofür ich dankbar bin und wenn es nur ist, dass ich den Tag überstanden habe.
Review

Die letzte Seite nach jedem Monat: Meine Monatsbilanz sozusagen: Am Ende des Monats setze ich mich hin und schreibe mit einem + auf, was gut war, mit einem – was nicht so gut war (übrigens ist das immer weniger als beim Plus steht) und in die Mitte mit einem -> was ich im nächsten Monat gerne mitnehmen oder weiter machen will. Auf diese Weise kann ich mich immer wieder hinterfragen, was mir gut tut und was nicht, so dass ich hoffentlich langfristig zufrieden sein kann.
Anderes
Das Schöne beim BuJo ist ja, dass man reinschreiben kann, was man will. Ich habe schon Seiten mit Tagebucheinträgen gefüllt, Ideen für Projekte, die ich umsetzen will, Geschenkelisten für Weihnachten, der Anleitung für den Zauberwürfel und und und.
Das macht das BuJo so besonders. Alles, was in dieser Zeit für mich wichtig ist, kommt rein. Und in einigen Jahre kann ich es wieder durchblättern und wundere mich vielleicht darüber oder finde Ideen wieder, die mehr oder weniger gut gealtert sind und kann ein bisschen von der Person wiederfinden, die ich in diesem Jahr bin.
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