Corona 2.0

Es kam wie es kommen musste: Ich bin wieder in Schutzhaft.

Das Wort kam mir gerade ganz zufällig in den Sinn, denn eigentlich wollte ich Selbstisolation schreiben. Doch Schutzhaft trifft es irgendwie auch. Ich begebe mich unter sichere Verwahrung, bis der Bösewicht, der mich umbringen will gestoppt ist. Jetzt wo ich darüber nachdenke gefällt mir der Ausdruck ziemlich gut.

Ich bin überrascht, wie leicht es war, mich wieder von der Außenwelt zurückzuziehen. Natürlich ist es das Richtige, das Vernünftige zu tun. Aber das war es im März auch und trotzdem habe ich so gelitten. Vielleicht weil ich denke, dass es diesmal anders wird. Diesmal weiß ich, was mich erwartet und vor allem bin ich diesmal nicht allein. Es wird nicht noch einmal dazu kommen, dass Christian auszieht und das ist ein großer Trost.

Nach unserem Umzug fühlt es sich sowieso so an, als gingen wir kaum noch raus und um ehrlich zu sein ist es kein Gefühl sondern eine Tatsache. Corona macht es schwer, neue Freunde zu finden, die Uni ist geschlossen, alle Aktivitäten abgesagt.

Inzwischen bin ich froh, dass ich vor wenigen Wochen nach Hause zu meiner Familie gefahren bin, trotz des Risikos. Aber ich habe noch einmal alle gesehen und ich bin traurig, weil ich nicht weiß, wann ich das wieder kann.

Trotzdem ist es okay. Nicht gut, aber okay. Aushaltbar. Es gibt so vieles, was in unserer Wohnung noch getan werden muss, es gibt neue Dinge in der Umgebung zu sehen (statt immer nur ziellos um den gleichen Block zu laufen, wie im März) und Christian ist da. Das ist das Wichtigste.

Aber mir fehlen auch Dinge, Dinge, die mir seit Beginn des Jahre fehlen. Ein Abend mit meiner besten Freundin, eine Mädelsrunde, ein Ausflug und das Singen im Chor.

Denn die Sache ist die: Hygienekonzepte sind schön und gut, aber keine Garantie. Für mich ist es anders. Es ist etwas anderes für mich, mich willentlich und mit voller Absicht auch nur dem kleinsten Risiko auszusetzen, denn für mich bedeutet es ziemlich sicher den Tod.

Für viele andere heißt es das eben nicht und für sie wird es schwerer sich zurückzuhalten, weil es Mensch wie mich gibt. Menschen, die auf ihren Schutz angewiesen sind. Doch es gibt Menschen, die das Virus leugnen und es gibt Menschen, die mich aus dem Weg haben wollen. „Natürliche Selektion“, sagen sie. „Alles nur Kontrolle“, zu den Maßnahmen, die mich schützen.

Und das macht es für mich ziemlich einsam und ich werde sorgenvoll mit dem Blick auf die nächsten Monate.

Ich wollte im März nicht glauben, dass das Virus immer wieder stärker werden und es immer wieder zu diesen Außnahmesituationen kommen würde. Heute habe ich keinen Zweifel mehr daran. Und ich weiß, dass ich es schaffen werde, wenn ich nur genug verzichte. Und ich weiß, dass ich nicht so viel verzichten müsste, wenn mir alle etwas abnehmen.


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